Im November 2021 erhielt die Stadt Soest für weitere zwei Jahre die Auszeichnung »Fairtrade Town«. Was es damit auf sich hat, wollen wir hier kurz darstellen.

Was bedeutet die Auszeichnung »Fairtrade Town«?

Soest ist seit 2013 Fair Trade Town. Dieses Siegel beinhaltet die Verpflichtung, den Fair-Trade-Gedanken in der Region weiter zu verbreiten, weitere Mitstreiter zu gewinnen und Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Das war der Auslöser für einige längst engagierte Menschen, den Verein „Initiativkreis Eine Welt – fair trade Soest e.V.“ zu gründen, der seit 2016 im eigenen Ladenlokal verkauft, zunächst in der Jakobistraße und bereits seit Herbst 2019 im Grandweg 3. Seitdem haben sich weitere engagierte Menschen eingefunden, um den Laden weiterhin ehrenamtlich betreiben und auch wieder verstärkt mit Veranstaltungen aufwarten zu können, so die Situation es wieder erlauben wird.

Die Kampagne Fairtrade Towns fördert den fairen Handel auf kommunaler Ebene, denn hier wirkt er in alle gesellschaftlichen Bereiche hinein. So unterstützt sie bei Veranstaltungen und Aktionen, bei der Öffentlichkeitsarbeit und dem Stadtmarketing und bei Vernetzung und Kooperation der Akteure aus Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft. Neben Städten und Gemeinden gibt es 40 Fairtrade-Landkreise, die über ihre Grenzen hinaus aktiv sind.
Der Weg zum Siegel führt vom Ratsbeschluss über die Gründung einer Steuerungsgruppe, angebotene Produkte im Einzelhandel, in Cafés und Restaurants, die Zivilgesellschaft bis zur Öffentlichkeitsarbeit, die geleistet werden soll. Dabei spielt die öffentliche Beschaffung eine wichtige Rolle für eine nachhaltige Produktionsweise, wenn beispielsweise Ausschreibungskriterien Fairhandelsprodukte einschließen.

Die Kriterien des Fairen Handels decken sich mit 8 der 17 Sustainible Development Goals – den Nachhaltigkeitszielen der UN. Darunter ist das Ende der Armut, Gendergerechtigkeit, hochwertige Bildung weltweit, nachhaltiges wirtschaften und Klimaschutz.

Hier wird der Slogan – global denken – lokal handeln – konkret fassbar.

Zum Weiterlesen:

Die TAZ widmete im September 2021 ihre Themenseiten dem fairen Handel.
Fairtrade Towns
Stadt Soest

Diesmal gibt es Neuigkeiten von der Reederei Timbercoast, mit ihrem Genussmittelsegler Avontuur, der sich zum Erfolgsmodell entwickelt hat. Außerdem stellen wir mit El Puente einen der Lieferanten unseres Weltladens vor, der wie auch andere, die Brücke zwischen Produzenten und Konsumenten schlagen will, um das Bewusstsein zu stärken für einen fairen Umgang miteinander.

Avontuur, Folge 2

Von der Reederei Timbercoast aus Hamburg, die seit einigen Jahren Kaffee, Kakao und Schokolade mit dem Segelschoner Avontuur aus Mittelamerika und der Karibik nach Hamburg segelt, haben wir schon einmal in einem früheren Newsletter berichtet. Nun gibt es ein paar Neuigkeiten, worüber die TAZ am 11. Dezember 2020 schreibt. Danach ist das Hauptquartier nach turbulenten Monaten nach Hamburg-Finkenwerder gezogen, wo Büro und Verkaufsraum eröffnet wurden. Etwa zwei Mal im Jahr geht der Frachter auf Tour, die neunte Fahrt startet im Februar und der Frachtraum ist ausgebucht. Nachhaltigkeit als Transportmodell für Genussmittel hat sich bewährt, deshalb ist ein weiteres Schiff in Planung, das containerfähig sein und das siebenfache Volumen transportieren können soll. In zwei bis drei Jahren wird es hoffentlich auf die erste Reise gehen können.

Segel-Kaffee




El Puente – die Brücke

Der Weltladen bezieht unter anderem den Segelkaffee von El Puente. Das ist ein Handelsunternehmen, für das der Name Programm ist. 1977 wurde es bereits als einer der ersten Akteure im fairen Handel gegründet. Im Angebot sind Produkte von Kleinbauern, Familienbetrieben und lokalen Fairhandelorganisationen aus Afrika, Asien und Lateinamerika.  Ihre Produzenten erhalten faire Preise für ihre Waren, die meist über den geltenden Fairhandels-Mindestpreisen liegen. Die Vorfinanzierung bietet ihnen kontinuierliche Handlungs- und Existenzsicherheit. Neben der Vermittlung der Produkte gehört zu dem Brückenschlag auch die Sensibilisierung der Menschen in Europa und anderswo, denn El Puente möchte sie »ermutigen, ihre Verantwortung wahrzunehmen«, wie es in der Selbstdarstellung zu lesen ist. Darum engagiert sich das Unternehmen auch in der politischen Bildungsarbeit. Da gemeinsam mehr zu erreichen ist, ist El Puente Teil der Netzwerke, wie der World Fair Trade Organisation, dem Forum Fairer Handel, dem Weltladen Dachverband und der Arbeitsgemeinschaft der Weltläden.

Viele Wege führen aus schwierigen Umständen in ein selbstbestimmtes Leben, es müssen nur genügend Menschen ihr Möglichkeiten einbringen. Davon zeugen die heute vorgestellten Unternehmen, die zum einen Jugendlichen in Peru zum anderen Geflüchtete in Idomeni Perspektiven aus der Armut heraus bieten.

FairMail

In Peru fotografieren sich Jugendliche mit Hilfe der FairMail-Fotografieschule aus der Armut. Hierfür werden auch Freiwillige rekrutiert, die sich an der Ausbildung eine Weile beteiligen wollen. Das Unternehmen wurde 2006 von zwei Geschäftsleuten gegründet, das mit den entstandenen Grußkarten, E-Cards und Fotos handelt. 60 Prozent des Gewinns erhalten die Fotograf:innen, womit sie ihre weitere Ausbildung leichter finanzieren können. Außerdem bietet FairMail Reisen durch Peru an, an denen je ein:e Jungendliche:r teilnehmen kann. So gelangen sie in Regionen, die sie sonst nicht erreichen können, damit erweitern sie die Motivsuche und ihren Erfahrungsschatz. Auf diese Weise entstehen etwa die Hälfte der Fotos.
Seit ein paar Jahren führen zwei ehemalige Praktikanten und zwei ehemalige Fotografieschülerinnen die Geschicke von FairMail.

Naomi

Naomi-Thessaloniki ist eine gemeinnützige Gesellschaft, die sich der humanitären Hilfe für Geflüchtete verschrieben hat und aktiv ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben fördert. Das beginnt bei der Nothilfe, setzt sich über die Textilwerkstatt fort und weist durch Veranstaltungen darüber hinaus. Genäht werden derzeit Jacken, Schürzen und Taschen unter dem Label „Remember Idomeni by Naomi“.
Das nächste Ziel ist eine kleine Produktionsfirma mit regulären Arbeitsbedingungen in Heimarbeit. Dabei sollen Werbung und Vertrieb professionell gestaltet werden.

Hinter den Produkten im Weltladen stecken so viele Geschichten, in denen ein anderer Umgang mit der Welt gelingt, die wir hier erzählen wollen. Den Anfang machen zwei Frauen, die das Kreativität auslösende Potenzial in Materialien erkennen, die sonst Meere und Landschaften fluten und dafür eine anständige Arbeitsumgebung für alle Beteiligten gestalten. Und zum Zweiten erzählen wir von einer Familie, die in den peruanischen Anden gefunden hat, wonach sie suchte: ein Leben ohne Konsum- und Profittreiben, das auch dort allen Beteiligten ein gutes Leben ermöglicht.

Smateria – Fischernetze zu Taschen

So viele Materialien landen auf den Müllhalden, werden verbrannt oder sammeln sich in der Landschaft und im Meer, wenn sie ihre ursprüngliche Funktion nicht mehr erfüllen. Für die Gründerinnen von Smateria sind diese Materialien Rohstoffe, aus denen sie Neues kreieren. Für die Umsetzung ihrer Ideen haben sie in Kambodscha ein Unternehmen gegründet, wo der gesamte Arbeitsprozess unter sicheren, fairen und fürsorglichen Bedingungen abgewickelt wird. Sie unterscheiden drei Verfahren, in denen Materialien verarbeitet werden: Recycling – also Plastikflaschen zu synthetischen Fasern. Upcycling – T-Shirts zu Beuteln. Und zuletzt – Repurposing – hierbei wird Material zu etwas Neuem geformt – also Fischernetze zu Taschen.


Pacabamba – Alpaka aus Peru

Eine deutsche Familie reist durch Südamerika, um für eine Weile dem Konsum- und Profittreiben zu entgehen. Doch hoch oben in den Bergen von Peru, wird aus der Weile Dauer. Hier bildet das Fell der Alpakas Hohlfasern aus, die leichter und wärmer sind als Schafwolle. Hier leben Menschen, die Wissen und Handwerkskunst von der Tierhaltung bis zum fertigen Produkt bewahrt haben. Hier gründet die Familie ihr Unternehmen, in dem schonend mit Ressourcen, respektvoll mit Umwelt und Mitmenschen umgegangen wird und Transparenz durch den gesamten Prozess gegeben ist. Sie fassen ihr Selbstverständnis so zusammen: »Nachhaltigkeit ist für uns gesunder Menschenverstand.«
So können die andischen Familien gegen die Bedrohung durch Billig- und Massenware  bestehen.