Verantwortung übernehmen, für die Klimawandelfolgen
Am Weltladentag am 11. Mai ging es um die Forderung nach einer gerechten Verteilung von Geldern für Schäden und Verluste durch den Klimawandel.
Eigentlich ist es eine Sammlung von Binsenweisheiten, die leider nicht oft genug wiederholt werden können. Da ist die Verantwortung des Globalen Nordens für die Folgen der Lebensweise, die schon jetzt viele Menschen im Globalen Süden treffen. Dabei ist auch klar, dass der Klimafolgenfonds, der auf der UN-Klimakonferenz im letzten Jahr mit 800 Millionen US-Dollar viel zu schwach gefüllt ist. Und es ist inzwischen auch allen klar, dass jeder notwendige Dollar oder Euro, der jetzt nicht investiert wird, ein Mehrfaches an Kosten verursacht und verursachen wird.
Christliche Initiative Romero e.V. (CIR) zeigt anschaulich in einem Webinar des Weltladendachverbandes, dass Mittelamerika besonders verwundbar gegenüber den Auswirkungen der Klimakrise ist. Guatemala, El Salvador, Nicaragua und Honduras sind die am stärksten betroffenen Länder. Der Meeresspiegelanstieg verursacht schon jetzt enorme Schäden. Bis 2100 werden, einer Studie von CIR zur Folge, Kosten zwischen 2,9 bis 3,4 Billionen US-Dollar erwartet. Zwischen 2000 und 2016 sind Verluste in der Landwirtschaft von 1 Milliarde US-Dollar zu beklagen. Dürreperioden treten häufiger und länger auf, was – auch das eine Binsenweisheit – zu Ernteverlusten, Lebensmittelknappheit, Preissteigerungen und damit zu Ernährungsunsicherheit führt. Das Wasser wird knapp und Tropenstürme treten häufiger und intensiver auf.
Deutschland ist der viertgrößte Emittent nach den USA, China und Russland. Die größten Emittenten sind RWE und die Lufthansa. CIR rechnet in seiner Studie eine Entschädigungszahlung für die Klimafolgen allein für Deutschlands Anteil bis jetzt von 4 Milliarden Euro aus.
Es ist nicht schwer zu erkennen, dass die 800 Millionen Dollar im internationalen Fonds kaum den Bodensatz bildet.
Nötig ist also eine Finanzpolitik, die die Verantwortung anerkennt und übernimmt und eine Politik, die die eigenen Emissionen drastisch senkt.
29.05.2024
15.05.2024
Ein Jahr Lieferkettengesetz
Mitte März ging auf Deutschlandfunk ein Bericht der Frage nach, ob das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz nach, inzwischen, einem Jahr wirkt.
Aktuell gibt es Vorwürfe gegen BMW. In einer marokkanischen Kobaltmine lasse ein marokkanischer Rohstoffkonzern Arsen in die Umwelt fließen. Außerdem würden Arbeitsstandards nicht eingehalten und Gewerkschaften kritisch betrachtet.
BMW wolle nun prüfen und bei gerechtfertigten Vorwürfen, sofortige Maßnahmen einfordern.
Rewe und Edeka werden Arbeitsrechts- und Arbeitschutzverstöße auf ecuadorianischen Bananenplantagen vorgeworfen. Edeka-eigene Überprüfungen hätten die Vorwürfe nicht bestätigt, Rewe beziehe nun keine Bananen mehr von diesen Plantagen.
Die Einhaltung des Gesetzes wird vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) kontrolliert. Das BAFA prüft nun die Vorwürfe. Sollten sie sich bestätigen, können Bußgelder ausgesprochen werden.
Das Bundesamt wird aktiv bei Beschwerden von NGOs, von betroffenen Menschen, oder aufgrund von Hinweisen, wie im Fall der Kobaltmine durch Recherchen von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“. Seit Anfang letzten Jahres steigt die Zahl der Beschwerden, die dem Amt vorliegen.
Erst dieses Gesetz ermögliche ein geordnetes Verfahren nach Vorwürfen zur Sorgfaltspflicht. Und in den Firmen wandere das Thema Lieferketten von der Nachhaltigkeitsabteilung in die Rechtsabteilung.
Kritisch wird gesehen, dass es keine ausdrücklichen Verpflichtungen zur Wiedergutmachung gäbe. Außerdem gäbe es keine wesentlich verbesserten Erfolgsaussichten bei Klagen von Betroffenen, so Vertreter verschiedener NGOs.
Seit dem 15. März gilt nun das EU-Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das die FDP nun doch nicht verhindern konnte. Damit gilt nun auch eine zivilrechtliche Haftung. Doch kritisiert wird hier, dass nicht klar sei, wie das Gesetz im Einzelnen auszulegen sei und wie die Pflichten für die Unternehmen gestaltet seien.
Die Wertschöpfungskette soll nach diesem Gesetz bis 2050 klimaneutral sein. Damit soll verhindert werden, dass klimaschädliche Aktivitäten ins außereuropäische Ausland verlagert werden.
Das Lieferkettengesetz hat also Bewegung in ein Wirtschaftssystem gebracht, in dem Unternehmen bisher strengerem Umwelt- und Arbeitsschutz, sowie stärkeren Arbeitsrechten durch die Verlagerung in andere Weltregionen entkommen konnte. Die Lücken werden sich hoffentlich in Zukunft noch schließen.
Auch hier zeigt sich: Der Faire Handel ist kein Luxus.
01.05.12024
Warum der Faire Handel so wichtig ist
Seit den Hungermärschen der 70er Jahre, die der Beginn der Weltladenbewegung waren, ist viel passiert, was auf das unermüdliche Engagement vieler Menschen in den letzten 50 Jahren zurückzuführen ist. Die aktuelle Situation zeigt aber auch, wie viel noch nötig ist – und zwar in viel kürzerer Zeit. Was wäre möglich, wenn ein fairer Handel mit allen daran hängenden Aspekten – wie der Unterstützung der Produzent*innen in vom Klimawandel längst und stärker betroffenen Regionen – zum Standard würde – und nicht nur, wie aktuell – 1 Prozent des Handels ausmachte. Beim Kaffee sind es 7 Prozent, ein Drittel des gesamten Fairen Handels. Die Zahlen zeigen, wie weit wir allein vom 12. UN-Nachhaltigkeitsziel, nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion, entfernt sind. Das Lieferkettengesetz ist ein wichtiger Schritt, der den Anfang einer längst notwendigen Entwicklung markiert.
Der Earth Overshoot Day lag 1990 noch am 7. Dezember, 2019 schon am 29. Juli. Das ist also der Tag, an dem das Angebot für nachwachsende Rohstoffe verbraucht und die Kapazität der Erde, diese wieder aufzubauen, erschöpft ist. Würden alle Länder so viel verbrauchen, wie Deutschland wären 3 Erden notwendig. Dass die Menschheit weltweit betrachtet, eineinhalb Erden verbraucht, liegt an den vielen Ländern, die weit unter ihrem Budget verbrauchen. Darauf baut der Wohlstand der reichen Länder auf.
Die Industrie- und Schwellenländer haben ihre Märkte solange mit Zöllen geschützt, bis sie stark genug für den Freihandel waren. Armen Ländern wird das nicht zugestanden, wie das Beispiel Ghana zeigt: Im Jahr 2000 hebt Ghana auf Druck des IWF die Importzölle auf ausländische Produkte auf. In der Folge wird das Land von subventionierten billigen Tomatenkonserven aus der EU geflutet. Dagegen kann sich der eigene Anbau und die Verarbeitung ihres Grundnahrungsmittels nicht behaupten. In der Folge sehen viele Menschen ihre einzige Chance in der lebensgefährlichen Flucht über das Mittelmeer, um in Südeuropa auf den Tomaten- und Orangenplantagen ausgebeutet zu werden.
Wie wäre es, den Fairen Handel nicht als Luxus zu betrachten.
Das Buch «Fair for Future» von Gerd und Katharina Nikoleit, im CH.Links Verlag 2021erschienen, erzählt die Geschichte des Fairen Handels von den Anfängen bis heute und bietet einen Ausblick.
17.04.2024
Ernährungssysteme II – Landgrabbing
Landgrabbing ist der Erwerb von fruchtbarem Ackerland durch Investoren. Diese Aneignung, um Profite zu generieren, macht nicht nur das Leben der Produzent*innen in Afrika schwer. In der Folge können sich Kleinerzeuger*innen und Junglandwirt*innen die Pacht nicht leisten.
«Brot für die Welt» sieht im zunehmenden Ausverkauf von Land eine wichtige Fluchtursache. Menschen werden von ihrem Land vertrieben und damit ihrer Lebensgrundlage beraubt. Oft bleibt nur Migration oder Flucht. Darum fordert das Netzwerk, die Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen und allen Folgen zu übernehmen. Die deutsche Rohstoff-, Wirtschafts-, Klima-, Energie-, Handels und Agrarpolitik soll auf alle negativen Folgen überprüft und so verändert werden, dass sie sich nicht an Menschenrechtsverletzungen und Vertreibungen beteiligt. Unternehmen sollen für die Vertreibung zur Rechenschaft gezogen werden. Es soll keine öffentlichen Fördergelder für Großprojekte geben, die in Land investieren. Daraus resultiert die Forderung nach einer anderen Landpolitik, die nicht zu neuen Konflikten führt. Landgrabbing muss also unterbunden und Fluchtursachen angegangen werden.
Der Ausverkauf von ostdeutschem Agrarland ist gerade durch neue Grundsätze für den Umgang mit staatseigenem Ackerboden gestoppt worden. Flächen werden nun nur noch verpachtet; für die Vergabe gelten Kriterien der Nachhaltigkeit, der Ökologie und Agrarstruktur. Letztere soll Junglandwirt*innen, Existenzgründer*innen und dem ökologischen Anbau den Zugang zu Land erleichtern. Es werden Bewirtschaftungsweisen bevorzugt, die Biodiversität, Klimaschutz und artgerechte Tierhaltung fördern.
Solche Regeln können die Wirkung von Engagement stärken, das längst da ist, wie das der mosambikanischen Kleinbauernorganisation UNAC, die ihre Mitglieder bei der Vermehrung ihres traditionellen, dürreresistenten Saatgutes unterstützt, Tauschbörsen organisiert und so Widerstand gegen das Hochleistungssaatgut von Bayer/Monsanto leistet. Außerdem ist sie Teil einer internationalen Bewegung für Ernährungssouveränität, für das Recht auf selbstbestimmte Landwirtschaft und Ernährung.
Für einen erfolgreichen Umbau der Landwirtschaft, die tatsächlich die Menschen ernährt und nicht Konzernen Profite beschert, müssen also die Rechte der Kleinerzeuger*innen gestärkt werden.
03.04.2024
Die neue EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten ist seit dem 30. Juni 2023 in Kraft. Danach darf in der EU nicht mehr mit Produkten, wie Soja, Ölpalme, Rindern, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Holz oder Produkten daraus gehandelt werden, wenn dafür nach dem 31. Dezember 2020 Wald gerodet wurde.
Neue Fairtrade-Standards für den Kaffeeanbau
Darauf folgen nun auch neue Fairtrade-Standards für Walderhalt im Kaffeeanbau, deren Stichtag für die Entwaldung ist der 1. Januar 2014. Kaffee, der auf Flächen angebaut wird, die danach entwaldet wurden, können kein Fairtrade-Siegel mehr erhalten. Für die Transparenz müssen Farmen über Geopunkte ihrer Anbauflächen verfügen – je größer die Flächen, desto detaillierter müssen die Angaben sein. Gefordert ist auch ein Überwachungs- und Managementplan für die biologische Vielfalt. Das ist mehr, als die EU-Verordnung verlangt.
Neu ist auch, dass die Kaffeekooperativen einen Präventions- und Risikominderungsplan entwickeln. Um den Walderhalt zu überwachen, gibt es eine Partnerschaft zwischen Fairtrade und dem Geoinformationsunternehmen Satelligence. Durch den Zugriff auf erforderliche Daten kann auf Risiken reagiert werden.
Der aktualisierte Standard gilt ab 2026, dann betrifft er 870.000 Fairtrade-Kaffeebauern und 1,1 Millionen Hektar Land.
Wie kommen Fairtrade-Standards zustande?
Alle relevanten Interessensgruppen sind beteiligt, einschließlich der Bäuer*innen und Landarbeiter*innen. Es setzt sich ein Komitee aus den drei Fairtrade-Produzentennetzwerken zusammen, dem CALC für Lateinamerika und die Karibik, dem NAPP für Asien und Fairtrade Africa. So sollen bei allen Entscheidungen die Ansichten aller relevanten Interessengruppen berücksichtigt werden und gleichzeitig wird sichergestellt, dass sie im Einklang mit dem Auftrag und den Grundsatzerklärungen von Fairtrade-international stehen.